Der Schäfer vom Findberg
Auf dem Findberg zwischen Haibach und Gailbach stand einst eine Burg, darinnen zwei adelige Töchter wohnten, denen Vater und Mutter gestorben waren; auch andere Verwandte hatten die Waisen nicht mehr.
Als die Mädchen herangewachsen waren, kam eines Tages ein benachbarter Ritter und warb um die ältere der beiden Schwestern, die er zur Frau begehrte. Diese jedoch wies den Junker ab, und auch die jüngere, auf die daraufhin seine Wahl fiel, wollte von ihm nichts wissen. Über den Ritter ging nämlich das Gerede, dass er ein Wegelagerer sei und friedliche Leute überfalle und ausraube.
Nach der Zurückweisung durch die beiden Schwestern begann der Raubritter, und das war er tatsächlich, die Geschwister auf Schritt und Tritt zu verfolgen, und sie waren nirgends mehr vor ihm sicher. Wer aber sollte nun die beiden Einsamen schützen? Nun hauste im Inneren des Findberges aber ein seltsamer und geheimnisumwobener Schäfer, der jedes Jahr, wenn der Frühling kam, seine Herde, die nur aus weißen Lämmern bestand, durch die Stollen im Gailbacher Tale austrieb und am Quellenbach trinken ließ. Als die beiden verfolgten und gequälten Jungfrauen den Schäfer wieder einmal am Bergesgrund hervorkommen sahen, eilten sie unbemerkt, hinter Büschen und Bäumen versteckt, den Abhang hinunter und flehten den guten Hirten um Hilfe an.
Als der Schäfer seine Tiere wieder eintrieb, da hatte er plötzlich zwei weiße Lämmer mehr in seiner Herde.