Die Bildbuche
Nach dem Tode einer gest:rengen Äbtissin des Klosters Schmerlenbach erzählte man sich die Geschichte von einem jungen jägersmann, der den Wald zu betreuen hatte und aufgrund seines nachsichtigen Verhaltens gegenüber Waldfrevlern bei der Klostervorsteherin in Ungnade gefallen war.
Eines Tages wurde der Forstmann von einem fürchterlichen Unwetter überrascht und nahm Schutz unter einer mächtigen Eiche. Es fing schon an zu dunkeln, als er plötzlich durch ein Rassein aufgeschreckt wurde: Kaum zwei Meter vor ihm bewegte sich eine Schlange auf ihn zu, die auf einen Schlüsselbund biß. Kurz entschlossen legte er seine Flinte an, um sie unschädlich zu machen, doch eine ihm bekannte Stimme rief: »Halt ein!« Vor ihm stand die ehemalige Äbtissin. Vor lauter Schreck über diese Erscheinung ließ der Jäger die Waffe fallen und wollte davonlaufen. Das flehentliche Bitten der Erscheinung aber hielt ihn zurück. Sie sprach zu ihm: »Ich habe im Leben schwer gesündigt und muß zur Strafe auf der Erde wandeln, um an Ort und Stelle den Schaden wiedergutzumachen. Gehe hin zur Schlange, sie ist zahm wie ein Lamm, nehme die Schlüssel und gehe hinunter ins Kloster, sie passen zu den Räumen, in denen noch Menschen eingesperrt sind, und befreie sie. Auf diesem Platze aber hier lasse die Gottesmutter wohnen, damit kein Unrecht mehr in diesem Walde geschehe und ich durch die Fürbitten der Menschen bald erlöst werde.
Der junge Jägersmann erfüllte der Erscheinung ihren Wunsch, nahm die Schlüssel und ging dahin, und sogleich waren auch die Äbtissin und die Schlange verschwunden. Im Kloster angekommen, hatte er bereits die dem Tode geweihten Menschen gerettet. - An dem Eichenbaum, unter dem er Schutz gesucht hatte, ließ er ein Häuschen errichten und stellte darein eine Muttergottes-Statue.
Viel später, der Jäger war längst gestorben, zeigte sich in einer benachbarten Buche eine Öffnung, in die die Statue genau passte. Die Nachfolger im Jägeramt erkannten darin eine Fügung Gottes und gaben der Himmelskönigin in der Höhlung der Buche einen neuen Platz. Bis in unsere Tage blieb der Baum ein Zufluchtsort für fromme Christen, und erst in jüngster Zeit haben fleißige Hände eine neue Schutzhülle geschaffen.